Die Religionslehrerinnen- und Religionslehrerverbände und der synodale Weg der deutschen Bischöfe

Mai 19, 2019 | KRGB und BKRG aktuell | 0 Kommentare

Die Religionslehrerinnen- und Religionslehrerverbände und der synodale Weg der deutschen Bischöfe

Stellungnahme des KRGB zu der Ankündigung eines synodalen Weges durch die Deutsche Bischofskonferenz

Nr. 3 von 16 Kartenmotiven; hier AL 131 © www.amoris-laetitia.de„Erschütterungen verlangen besondere Vorgehensweisen. Die Missbrauchsstudie und in ihrer Folge die Forderung Vieler nach Reformen zeigen: Die Kirche in Deutschland erlebt eine Zäsur. Der Glaube kann nur wachsen und tiefer werden, wenn wir frei werden von Blockierungen des Denkens, der freien und offenen Debatte und der Fähigkeit, neue Positionen zu beziehen und neue Wege zu gehen.

Die Kirche braucht ein synodales Voranschreiten. Papst Franziskus macht dazu Mut. Und wir fangen nicht am Nullpunkt an. Die Würzburger Synode (1972 bis 1975) und auch der Gesprächsprozess der vergangenen Jahre haben den Boden bereitet, auch für viele Herausforderungen von heute. Einstimmig haben wir beschlossen, einen verbindlichen synodalen Weg als Kirche in Deutschland zu gehen, der eine strukturierte Debatte ermöglicht und in einem verabredeten Zeitraum stattfindet und zwar gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Wir werden Formate für offene Debatten schaffen und uns an Verfahren binden, die eine verantwortliche Teilhabe von Frauen und Männern aus unseren Bistümern ermöglichen. Wir wollen eine hörende Kirche sein. Wir brauchen den Rat von Menschen außerhalb der Kirche.“[1]

So benannte Kardinal Reinhard Marx auf der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 14. März 2019 in Lingen das wohl wichtigste Ergebnis der Beratung der Bischöfe. Die Oberhirten wollen also einen „synodalen Weg“ beschreiten – mit „offene[n] Debatten“ und unter der „Teilhabe von Frauen und Männern aus unseren Bistümern“. Höchste Zeit!

Dass es in der Kirche „neue Positionen“ und „neue Wege“ braucht, wissen wir als Religionslehrerinnen und Religionslehrer, denen tagtäglich ein Spagat abverlangt wird zwischen Heranwachsenden und einer Kirche, deren Denken blockiert ist, die unwillig ist für eben diese neuen Positionen (wovon Kardinal Marx ja spricht), nicht erst seit gestern. Die Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche mögen für die Bischöfe der Anlass zum Umdenken sein – tatsächlich sorgen sie nur dafür, dass niemand mehr vor den schon lange berechtigten „Forderungen Vieler nach Reformen“ die Augen verschließen kann.

Daher sagt Kardinal Marx zurecht: „Die Kirche in Deutschland erlebt eine Zäsur.“ Es reicht allerdings nicht, bei der Betrachtung dieses einschneidenden Ereignisses stehen zu bleiben, sondern diese Zäsur zwingt zu der Erkenntnis, dass an diesem Wendepunkt Reformen nötig sind, weil es sonst zu spät ist für die Kirche. Es geht tatsächlich darum, „Blockierungen“ zu überwinden, „neue Positionen zu beziehen und neue Wege zu gehen“. „Und wir fangen nicht am Nullpunkt an.“ Schon Karl Rahner hat das Zweite Vatikanische Konzil als den „Anfang des Anfangs“ bezeichnet, dessen erster Schritt in Deutschland die Würzburger Synode war. Für Vieles wurde dabei der „Boden bereitet“, Vieles wurde schon angedacht, um es heute durch eine „freie[] und offene[] Debatte“ voranzubringen.

Als Religionslehrerinnen und Religionslehrer wollen wir diesen synodalen Weg mitgehen, wir stehen bereit, mitzudenken und mitzuarbeiten. Weil wir als Frauen und Männer mit der missio canonica im Auftrag der Kirche Religionsunterricht erteilen. Weil wir in der Auseinandersetzung mit den Heranwachsenden in diesem Religionsunterricht ganz unmittelbar erfahren, wo es Schwierigkeiten mit Glauben und Kirche gibt – und wo uns das Vermitteln verkrusteter Positionen selbst Schwierigkeiten bereitet. Und weil wir als Religionslehrerinnen und Religionslehrer „Frauen und Männer[] aus [den] Bistümern“ und ausgebildete Theologinnen und Theologen sind.

Deshalb erklären wir als Religionslehrerinnen und Religionslehrer, dass wir – vertreten durch den Bundesverband der Katholischen Religionslehrer*innen an Gymnasien e.V. (BKRG) – den angekündigten synodalen Weg mit den deutschen Bischöfen beschreiten und verantwortlich teilhaben wollen an der versprochenen freien und offenen Debatte. Aber wir stellen für unsere Beteiligung auch Bedingungen. Voraussetzung für eine offene Debatte ist, dass deren organisatorische Rahmenbedingungen zunächst offengelegt werden. Des Weiteren können inhaltliche „Blockierungen des Denkens“ nur aufgehoben werden, wenn „neue Positionen“ auch bezogen werden dürfen, wozu auch lehramtliche Denkverbote kritisch hinterfragt werden müssten. Es gibt viel zu tun – und unter oben genannten Bedingungen sind wir dabei!

Die von Kardinal Marx erwähnte Würzburger Synode hat festgestellt: „Nur wenn unsere Kirche diese Fragen – wenigstens ansatzweise – im Blick behält, wird sie den Eindruck vermeiden, als gäbe sie vielleicht nur Antworten, die eigentlich gar nicht erfragt sind, oder als spräche sie ihre Botschaft an den Menschen vorbei.“[2] In diesem Sinne sieht der KRGB als Verband von Religionslehrkräften seine Aufgabe nicht nur darin, an dem nun ins Leben gerufenen synodalen Weg teilzuhaben, sondern die religiösen Fragen, die unsere Schülerinnen und Schüler und uns Lehrkräfte selbst bewegen, ständig im Blick zu behalten und nach Antworten auf diese zu suchen.

Es geht um nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit unserer Kirche!

Der Landesvorstand des KRGB

                     gez. OStD i.K. P. Erhard Staufer SDB                              gez. StDin Monika Schneider

                               Landesvorsitzender des KRGB                       stellvertretende Landesvorsitzende des KRGB

für die Landesverbandskonferenz des KRGB

                                  gez. StD Georg Grimm                                                  gez. StR Claus Kleinert

 

Beschluss der Würzburger Synode »Unsere Hoffnung«:

Das Zeugnis gelebter Hoffnung (II.2) (S.101)

Der Weg der Kirche in dieser Situation ist der Weg gelebter Hoffnung. Er ist auch das Gesetz aller kirchlichen Erneuerung. Und er führt uns in die einzige Antwort, die wir letztlich auf alle Zweifel und Enttäuschungen, auf alle Verwerfungen und alle Indifferenz geben können. Sind wir, was wir im Zeugnis unserer Hoffnung bekennen? Ist unser kirchliches Leben geprägt vom Geist und der Kraft dieser Hoffnung? Eine Kirche, die sich dieser Hoffnung anpaßt, ist schließlich auch dem Heute angepaßt, und ohne Anpassung an diese Hoffnung hilft ihr kein noch so brisantes Aggiornamento. „Die Welt“ braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung. Und was wir ihr schulden, ist dies: das Defizit an anschaulich gelebter Hoffnung auszugleichen. In diesem Sinn ist schließlich die Frage nach unserer Gegenwartsverantwortung und Gegenwartsbedeutung die gleiche wie jene nach unserer christlichen Identität: Sind wir, was wir im Zeugnis unserer Hoffnung bekennen?

 

Bild: (Nr. 3 von 16 Kartenmotiven; hier AL 131 © www.amoris-laetitia.de) auf http://familiensynode.blogspot.com/2016/12/amoris-laetitia-und-der-weg-der_8.html

 

Information:

Zum Diskussionsprozess in der Landesverbandskonferenz und im BKRG, der zu dieser Stellungnahme führte, wie auch zum weiteren Vorgehen des KRGB im Rahmen des Bundesverbandes BKRG gibt es nähere Informationen im bald erscheinenden Rundbrief 1/2019. Dieser wird auch die Dokumentation der Landestagung 2018 enthalten.

 


[1]  Pressebericht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, anlässlich der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz am 14. März 2019 in Lingen (Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz).

[2] Beschluss der Würzburger Synode „Unsere Hoffnung“, Einleitung, 2012, S. 85.

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